Martha Heizer
Ich habe mich in Rom mit einigen Synodalen getroffen (ist das schon inklusiv oder muss es auch „Synodalinnen“ heißen?), mir ihre Einschätzungen und Berichte angehört und einiges an Stimmung gespürt. Und ich habe die online-Berichterstattung verfolgt.
Zuerst das Positive: sie alle waren davon überzeugt, dass der Wind der Veränderung weht. Deutlich weht. Natürlich gibt es auch noch die Traditionalist*innen (wirklich beiderlei Geschlechts) und sie sagen Sachen, die man kaum mehr für möglich hält, zB: „Das Allerwichtigste in der Kirche sind die Priester!“, oder von einer Polin: „Bitte ja keine Ministrantinnen, sie würden alle Buben vertreiben und wir bekämen keine Priester mehr!“. Opus Dei war gut vertreten. Aber der Großteil wünscht sich Veränderungen und scheint auch tatsächlich daraufhin zu arbeiten. Das Stichwort „Dezentralisierung“ ist in aller Munde. Also: es tut sich wirklich einiges! Und es war schön zu beobachten, dass sich die meisten unter ihnen wirklich mögen und wertschätzen. Umarmungen beim Wiedersehen allerorten. Gemeinsames Beten und Arbeiten hat Früchte getragen.
Aber der Weg wird ein weiter sein – und er wird kein leichter sein. Ich habe den Eindruck, dass die Argumente zwar ausgetauscht und mit eigenen Erfahrungen unterlegt worden sind, die gegenseitig berührt haben. Aber jetzt geht es um lange eingeübte Verhaltensmuster, um Mindsets, um Mentalitäten.
Das ist mir aufgefallen beim Beobachten der Plenarsitzungen – für die es übrigens keine Art von Großgruppenanimation gab. Es gab Berichte und sie waren oft wirklich spannend, aber durchaus so geartet, dass man sicher gehen konnte, dass sie keinen Anstoß erregten bei irgendwelchen Obrigkeiten. Auch beim lange angekündigten Treffen der 2000 Teilnehmer*innen mit dem Papst gab es eine Rede von ihm, vorbereitete Anfragen und größtenteils schwammige Antworten, auch wenn die richtigen Begriffe gefallen sind. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Klara Csiszar, die die Frauenfrage gestellt hat. Was war noch gleich die Antwort des Papstes darauf? Er meinte, die Frage der Frauenordination sei kein theologisches Problem, sondern eine kulturelle Frage. Na bitte. Das ist ja doch schon einiges. Dann kann man ja auf dieser Basis gut weiterarbeiten an der Dezentralisierung.
Scharfes wurde nicht serviert. Das hat durchaus verständliche Gründe.
Von den vielen Beteiligten war, soweit ich das sehen konnte, der überwiegende Prozentsatz aus dem Lager der Bischöfe und Priester und der kirchlichen Funktionär*innen. Leute wie wir von We-are-Church, ausgestattet mit Freimut und Augenhöhe, weil wir ja wirklich nicht abhängig sind von irgendjemandes gutem Willen, waren eher selten. So herrschten Vorsicht und viel Ruhe im Saal. Niemand protestierte, nie kam auch nur ein leises Widerstandsmurmeln auf, wenn versteinertes Machtgehabe oder Liebedienerei am Wort waren. Wie bei den Predigten in unseren Kirchen, wo möglicher Ärger darüber erst dann vor der Kirchentür zum Ausdruck gebracht wird.
Der Anteil jener Bischöfe und Priester wächst, die sich wirklich Synodalität wünschen, also Mitbeteiligung des Kirchenvolkes an Entscheidungen und an Verantwortung. Aber, so erzählte mir ein Synodaler, viele Bischöfe und Priester haben noch nicht verstanden, was Synodalität meint, hat die Papiere, auch das Abschlussdokument nicht gelesen und lässt das alles an sich vorübergehen (eine Reise und ein paar Tage im spätherbstlichen Rom haben ja was für sich!). Allerdings, so meinte er, die eigentlichen Bremser unter ihnen sind schon diejenigen, die verstanden haben, um was es geht: dass Synodalität für sie Machtverlust bedeutet. Und das wollen sie keineswegs.
Noch also sind – bei allem guten Veränderungswillen – die Mauern dick und mächtig wie die des Petersdomes. Aber wie war das mit den Posaunen vor Jericho…?